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:: Der Lauchhammer Eisenkunsguss ::

 

Der westlich von Senftenberg gelegene Lauchhammer ist aus der sogenannten Lauchmühle hervorgegangen, an deren Stelle der Oberhofmarschall Freiherr Woldemar von Löwendal für seine zweite Gattin im Jahre 1725 ein Hammerwerk errichten ließ. Die Ursachen für den Bau dieses Hammers lagen in den großen Vorkommen an Raseneisenerzen, Holz (wichtig für die Gewinnung von Holzkohle) und Torf begründet. Das Werk bestand damals aus 1 Hochofen, 7 Frisch-, Stab-, Zähn-, Waffen-, Blech-, Zerenn-Feuer und Hämmern. In den Jahren 1726/1727 wurden Ofentöpfe, Kessel, Kolbenröhren, Knieröhren, Krummzapfen, Mörser, Laugetöpfe, Mörser in Schalen, Hammerzapfen, Plattenöfen und Kaminplatten hergestellt. Zum Lauchhammer gehörte in dieser Zeit auch eine Wohnkolonie für 30-40 Arbeiter.

Mit der Übernahme des Werkes durch Detlev Carl von Eisiedel erfolgte die Umstellung der Produktion auf Eisenguß und Eisenkunstguß. Neben Gebrauchsgegenständen, die teilweise emailliert waren, wurden ornamental verzierte Architekturteile (Brücken, Brüstungen, Säulen, Kandelaber usw.) sowie Maschinen für Industrie und Bergbau (Wasserräder, Wassersäulenmaschinen, Dampfmaschinen, Kolbengebläse) hergestellt. Für die Hüttenwerke Muldenhütten und Halsbrücke bei Freiberg wurden 1827 und 1831 Kolbengebläse geliefert. Im Jahre 1794 geht dann der Lauchhammer in den Besitz des Sohnes, Detlev von Einsiedel, über. Die Aufnahme des Bronzegusses unter künstlerischer Mitwirkung von Christian Daniel Rauch und Ernst Rietschel erfolgte im Jahre 1836.

Ein architektonisches Meisterwerk der Lauchhammer Gießerei erregte im Jahre 1876 großes Aufsehen, ein Pavillon im maurischen Stil für die Nilinsel Gezireh in Ägypten von 400 Tonnen Gewicht, 300 m Länge und 15 m Höhe. Die 1839/1840 gegründete Gewerkschaft der Gräflich von Einsiedelschen Eisenhütten, die 1850 das Eisenwerk Riesa erwarb, wurde im Jahre 1872 in die Lauchhammer AG umgewandelt. Um 1890 beschäftigte das Werk ca. 1200 Arbeiter. Nachfolger der Lauchhammer AG war von 1922 ab die Linke-Hofmann-Lauchhammer AG, die 1926 in den Mitteldeutschen Stahlwerken des Flickkonzerns aufging.

Mit der Enteignung der Kriegsverbrecher im Jahre 1945 wurde auch dieser Großbetrieb in Volkseigentum überführt. Er trägt heute die Bezeichnung Schwermaschinenbau Lauchhammer. In der Bronze- und Eisengießerei des Lauchhammerwerkes wurden nach 1945 die monumentalen Bildwerke für die antifaschistischen Mahn- und Gedenkstätten in den ehemaligen Konzentrationslagern von Auschwitz, Buchenwald und Sachsenhausen gegossen.

Während der Eisenguß eingestellt wurde, wird der Bronzeguß auch heute noch betrieben.


Im Jahre 1776 starb Bededikte Margarethe Freifrau von Löwendal geb. von Rantzau (zweite Gattin des Freiherrn von Löwendal), die Patentante Detlev Carls von Einsiedel, deren ganzer Besitz, auch Mückenberg mit dem Lauchhammer, durch Testament an ihr Patenkind überging.

Detlev Carl von Einsiedel (1737-1810) war ein typischer Vertreter des aufgeklärten Adels. In einer Zeit des allgemeinen Aufblühens des Manufakturkapitalismus in Sachsen zeigte er sich der technischen und der damit verbundenen ökonomischen Entwicklung gegenüber aufgeschlossen, erkennend, daß daraus neue, reichere Einnahmequellen erwachsen würden. Durch seine soziale Herkunft hatte er die Möglichkeit, an verschiedenen Universitäten zu studieren und mehrere Auslandsreisen zu unternehmen. Ein hoher Bildungsgrad und ein entsprechender Weitblick, die ihn über das durchschnittliche Niveau des Landadels erhoben, befähigten ihn zu vielen Ämtern, die der sächsische Staat zu vergeben hatte. Detlev von Einsiedel war ferner mit den Gebieten der Architektur, Malerei, Plastik und Gartenkunst seiner Zeit vertraut. Er verstand es, künstlerische Talente ausfindig zu machen und für seine vielfältigen Interessen einzusetzen.

Mit der Inbesitznahme des Lauchhammers durch Detlev Carl von Einsiedel setzte für diesen Betrieb eine epochemachende Entwicklung ein, die darüber hinaus für den Eisenguß in ganz Deutschland von großer Bedeutung war. Graf von Einsiedel, der die Eisenerzeugung in seinem Betrieb auf eine wissenschaftliche Grundlage stellte, führte wichtige technische Neuerungen (Änderung des bisher in Deutschland gebräuchlichen Hochofenprofils; 1796 erstmals in Deutschland Versuche mit dem Puddelverfahren; 1802 Aufstellung einer Dampfmaschine; Neugründung einer Emailierwerkstatt; Einbau von Kupolöfen) ein.


Detlev Carl Graf von Einsiedel (zeitweise Eigentümer in Lauchhammer)

Detlev von Einsiedel, der Sohn Detlev Carls, nutzte die gleichen Bildungschancen wie sein Vater. Er führte dessen Werk mit demselben Weitblick für technische Neuerungen und Sinn für künstlerisch-handwerkliche Talente fort und machte den Lauchhammer zu einem Musterbetrieb. Dagegen spielte er in seiner politischen Laufbahn als Geheimer Rat und sächsischer Minister nach dem Wiener Kongreß eine äußerst reaktionäre Rolle, die ihn bei den Volksmassen verhaßt machte.

Die Leichtflüssigkeit des Lauchhammer Eisens war geradezu ideal zur Herstellung dünnwandiger Gußstücke mit scharfen kleinteiligen Formen. Das war die Voraussetzung, die um das Jahr 1780 zur Aufnahme eines neuen Produktionszweiges, des Eisenkunstgusses führte. Der Mode der Zeit entsprechend, fanden Nachbildungen von antiken griechischen und römischen Plastiken in Stein und Gips reißend Absatz. Der Eisenkunstguß versprach demgegenüber, da Werke in Stein und Gips einer schnelleren Zerstörung unterliegen, eine viel größere Haltbarkeit.

Zuerst wurden Künstler gewonnen, die Formen nach antiken Figuren herstellten. Um auf einen größeren Formenvorrat zurückgreifen zu können, legte man im Jahre 1780 eine Abgußsammlung an "von den besten Antiken, Basreliefs, Köpfen, Büsten, Statuen und Gruppen", die ständig erweitert wurde. Besonders Italien verfügte über einen großen Bestand an antiken Plastiken. Im Jahre 1785 wurde bei einem Antoni Leoni Gipsabgüsse bestellt. Es existiert auch eine Sammlung von Metall-Modellen, die 1807 bedeutend erweitert wurde, um Lehmformen zu ersparen und gleich in Sand abformen zu können.

Mit der Tätigkeit des Bildhauers Thaddäus Ignatius Wiskotschill (Wiskotzil) in Lauchhammer im Jahre 1781 begannen die ersten Versuche, Formen für den Eisenkunstguß herzustellen. Dem Bildhauer mißlang 1782 der Versuch, eine Figur in eine Gipsform zu gießen. Wegen ihrer leichten Behandlung und Feinheit legte Wiskotschill besonderen Wert auf Gußformen aus Gips. Im Jahre 1784 schlug die Geburtsstunde des Lauchhammer Eisenkunstgusses, als nach mehreren Mißerfolgen es den Bildhauern Wiskotschill und Mattersberger (Mättensberger) gelang, eine nach der Antike in Wachs ausgegossene und von den Gießern Klausch und Gottfried Güthling in Lehm geformte Statue einer Bacchantin, abzugießen. Im Jahre 1785 wurden drei antike Büsten nach Formen des Bildhauers Ullrich und des noch bis 1795 tätigen Formenmeisters Kreyer gegossen. Nach 1795 erfolgte die Herstellung der Gußformen durch den Stukkateur und späteren Gießereivorsteher Müller.

Der Guß eines Apoll und der einer Venus erfolgten im Jahre 1786.

Vermutlich war das Lauchhammerwerk die erste Gießerei in Deutschland, der es gelang, auch große Figuren und Gruppen aus dem Ganzen fehlerfrei zu gießen.

Neben den Plastiken lieferte die Kunstgußabteilung auch Figurenöfen, Urnen, Vasen etc. Die nach antiken Figuren gegossenen Plastiken waren ein wichtiger Teil der Kunstabteilung, zu deren Realisierung Modelleure und Former nötig waren. Ein weiterer Zweig dieser Abteilung waren die zeitgenössischen Neuschöpfungen, für die ein Potetial an Künstlern vorhanden sein mußte.

Leider sind wir über die Bildhauer, die eigenständige Werke für Lauchhammer schufen, nur unzureichend unterrichtet. Die Tätigkeit des Bildhauers Thaddäus Ignatius Wiskotschill läßt sich nur für die Jahre 1755-1784/1785 einigermaßen sicher nachweisen. Inwieweit er über diesen Zeitraum hinaus auf den Lauchhammer Kunstguß Einfluß nahm, war nicht festzustellen.

Der Bildhauer Joseph Mattersberger war auch nur ein Jahrzehnt, von etwa 1784-1794, für diese Gießerei tätig. Von ihm ist bekannt, daß er während dieser Zeit eine Büste des Ministers Graf von Einsiedel modellierte. Vielleicht handelte es sich dabei um die Büste Deltev Carls von Einsiedel, die heute vor der Neuen Kirche steht. Von ca. 1780 bis 1787 arbeitete der Bildhauer Friedrich Andreas Ullrich in Lauchhammer. Von dem Bildhauer Johann Gottlob Matthäi wissen wir nur, daß er im Jahre 1802 gemeinsam mit seinen Berufsgenossen Fr. Unger und Christian Daniel Rauch am nördlichen Fronton der Neuen Kirche (Erhöhung der ehernen Schlange) mitgewirkt hat.

Außer den genannten Bildhauern, die die Modelle für die Frontons der Neuen Kirche schufen, lassen sich keine weiteren der obengenannten Künstler mit bestimmten Wolkenburger Plastiken in Verbindung bringen. Für die Zeitspanne von der Entwicklung des Lauchhammer Eisenkunstgusses bis zum Jahre 1800 sind wenigstens einige Künstlernamen überliefert, während in der Zeit danach kein einziger Bildhauer mehr genannt wird. Die Tätigkeit Christian Daniel Rauchs und Christian Rietschels für Lauchhammer bezieht sich auf den Bronzeguß.

Es ist möglich, daß einzelne Aufträge an verschiedene freischaffende Bildhauer, die nicht ständig für die Gießerei tätig waren, vergeben wurden. Nach deren Entwürfen wurden dann im Werk von Modelleuren Modelle angefertigt, die als Vorlage für den Guß dienten. Im Jahre 1849 wird ein 1807 geborener Modelleur Niclas genannt, der damals schon 11 Jahre in Lauchhammer tätig war.

Die Lauchhammer Eisenkunstguß-Plastiken sind sehr dünnwandig (4-5 mm stark) und innen hohl. Als Oberflächenbehandlung erhielten sie eine Bronzierung. Von dieser Bronzierung hat sich natürlich nichts mehr erhalten. Es ist anzunehmen, daß die Grabmalsplastik nicht bronziert wurde.

Die Blütezeit des Lauchhammer Eisenkunstgusses währte nur 40-45 Jahre. In den 30er Jahren des 19. Jh. kam der Eisenguß von größeren Figen immer mehr zum Erliegen, da man sich der edleren Bronze, deren Oberfläche künstlerisch leichter zu behandeln war, zuwandte. Natürlich wurden Kleinplastiken und Gebrauchsgegenstände aller Art auch weiterhin aus Eisen hergestellt.


Kategorie Eisenkunstguss

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